Als ich vor einigen Tagen las[1], dass die BVG[2] nun eine eigene App zum Handyticketverkauf anbietet war mein erster Gedanke: Warum?
Denn Touch&Travel[3] funktioniert hier in Berlin und auch anderswo doch wunderbar.
Die App BVG FahrInfo Plus[4] soll ja auch etwas mehr können, als nur Handytickets, also schaute ich mir das natürlich auch mal etwas genauer an.
Hat man die App installiert und startet sie zum ersten Mal, wird man darauf hingewiesen, dass noch Haltestellendaten heruntergeladen werden müssen, das sind knapp 4MB und geht recht zügig. Dann erwartet einen eine fast leere Seite.
Von Öffi[5] bin ich gewohnt, dass sofort nach Haltestellen in der Umgebung gesucht und diese nach Entfernung sortiert angezeigt werden. Bei FahrInfo muss man die Ortssuche per GPS oder per Texteingabe bemühen.
Scheinbar wird auch wirklich ein fixes GPS-Signal benötigt und es wird nicht auf die netzwerkbasierte Ortung zurückgegriffen. So kann es schon mal sehr lange dauern, bis man etwas angezeigt bekommt oder nur eine Fehlermeldung kommt.
Bei BVG FahrInfo Plus muss man in der Haltestellenliste eine Haltestelle auswählen und bekommt dann die Abfahrtszeiten angezeigt. Leider fehlt in der Liste eine Entfernungsangabe. Öffi macht das hier deutlich besser und zeigt alle Haltestellen richtungsbasiert mit der nächsten Abfahrt an. Klickt man auf eine Haltestelle, werden weitere Abfahrten angezeigt.
Die Routenplanung ist bei beiden ähnlich und funktioniert mit Adressen und Haltestellen, auch die Darstellung unterscheidet sich kaum. Die Netzplanauswahl ist bei Öffi natürlich groß, da diese App in vielen Städten und Ländern funktioniert. Obendrein bietet es auch interaktive Netzpläne, bei denen man die einzelnen Bahnhöfe oder Haltestellen antippen kann um Linien und Abfahrten zu erfahren. Bei BVG FahrInfo Plus gibt es nur die beiden Pläne für S+U-Bahn und Tram.
Bis hierhin hat Öffi also im Grunde deutlich die Nase vorn, gegenüber BVG FahrInfo Plus. Was Öffi nicht kann ist natürlich der Ticketverkauf. Hier kommt BVG FahrInfo Plus mit einer guten Auswahl an Tickets aus dem Tarifsystem ABC. Beim Ticketkauf muss man den gewünschten Tarifbereich wählen, den Startort und ab wann das Ticket gültig sein soll wählen. Da ich mich nicht angemeldet habe, konnte ich das nicht ausprobieren.
Im Grunde setzt das aber, wie auch am Automaten am Bahnhof, immer voraus, dass man das Tarifsystem kennt.
Eine streckenbezogene Berechnung wie mit Touch&Travel findet nicht statt. Ich vermute, dass auch damit keine zellenbasierte Standortermittlung während der Fahrt nötig ist. Dies ist bei Touch&Travel natürlich zwingend.
Bis auf Monatskarten, wie Umweltkarte, Schülerticket usw., bietet BVG FahrInfo Plus diverse Zeitkarten an.
Touch&Travel berechnet im Gegensatz zu BVG FahrInfo Plus am Tagesende bei mehreren Fahrten den Preis einer Tageskarte, wenn dies günstiger ist. BVG FahrInfo Plus bietet diese Möglichkeit durch die feste Vorwahl eines bestimmten Tickets leider nicht an.
Für BVG FahrInfo Plus muss man also das Tarifsystem kennen, um das richtige Ticket oder die günstigste Kombination zu wählen.
Die Ticketdarstellung auf dem Display ist an das Papierticket angelehnt und es steht der eigene Name drauf. Übertragbar sind diese Tickets nicht, das ist ja auch bei Touch&Travel so. Dass man sich auf Nachfrage mit einem Lichtbildausweis zusätzlich legitimieren muss, ist ebenfalls logisch, denn schließlich könnte man ja das Telefon auch auf illegalem Weg bekommen haben.
Ich wurde bei meinen Fahrten mit Touch&Travel bisher nie nach dem Ausweis gefragt und vermute, dass das auch bei Fahrten mit BVG FahrInfo Plus nur selten vorkommt.
Es stellen sich für mich folgende Fragen:
An wen richtet sich das Angebot dieser App? Gelegenheitsfahrer kennen das Tarifsystem eher nicht, regelmäßige Fahrer werden früher oder später eine Monatskarte nutzen, dies bietet die App jedoch nicht an. Touristen werden sich auch kaum für ein paar Tage extra anmelden wollen.
Warum macht die BVG hier ihr eigenes Ding und es wurde nicht an eine VBB-App gedacht? Wenn man schon in einem Verbund ist, kann man doch auch eine App entsprechend dafür anbieten.
In anderen deutschen Städten greife ich dann eh wieder auf Öffi und Touch&Travel zurück, also warum sollte ich dann diese lokale Lösung nutzen? (Ja, ich weiß, dass es die tolle Öffi-App nicht für iOS gibt. 😛 )
Warum wurde QR und NFC nicht in die App integriert? Alle Haltestellen und Bahnhöfen bieten diese Erfassungsmöglichkeiten an den Fahrplankästen, das würde für die Startortbestimmung ebenfalls hilfreich sein.
Zum Thema Datenschutz und Bewegungsprofile: zumindest bei Touch&Travel muss ja sichergestellt werden, welche Strecke gefahren wurde. Wer das nicht möchte, sollte sein Ticket unbedingt bar am Schalter kaufen.
Schöner Vergleich, da kann ich mir das testen also sparen. Tickets brauche ich nicht kaufen außer vielleicht für ein Anschluss an Tarifbereich C oder mal ein Fahrrad-Ticket, aber die kann man ja auch am Automaten ziehen und einfach mal auf Vorrat im Portemonnaie haben. 😉
@Oszedo: ja, das Fahrradticket fehlt mir bei Touch&Travel (Anschluss ebenso, wobei das nicht so schlimm ist). Das bietet zwar FahrInfo, aber nur deswegen da auch noch mitmachen, hmm … nee.
Hi,
ich habe gerade auf meinem neuen Handy die T&T App wieder aktiviert, als ich in der Zeitung über die neuen BVG App gestoplert bin.
Ich habe auch die gleichen offenen Fragen, ohne die App im Detail getestet zu haben.
Ich werde sie mir mal anschauen, nutze aber erstmal die T&T App weiter, da ich mir da vorher nicht überlegen muss, ob es eine Kurzstrecke wird, oder eine normale Tour.
Danke für den Überblick an Tom!
@Martin: bitte, aber der Beitrag ist von mir. 😉
Ich habe ja gehört, dass sich die Kontrolleure darüber aufregen, dass es nun möglich ist ein Ticket im Zug erst beim Auftauchen dieser via App zu lösen.
Eigentlich würde ich ja denken, dass man sich doch sicher was überlegt hat,um das auszuschließen.
Habe mich aber auch noch nicht weiter kundig gemacht.
Weiß da jemand näheres?
@Peyotito: keine Ahnung wie schnell man bei FahrInfo die Karte kaufen kann, bei T&T gehts wegen der Ortung und Wahl der Starthaltestelle nicht in 2 Sekunden.
Dann steht aber auch immer die Kaufuhrzeit drauf und ich glaube kaum, dass man es in der Hektik, bis der Kontrolletti da ist, auch rechtzeitig schafft. Mal abgesehen davon, dass es in der U-Bahn noch schlechter geht, mangels schneller Internetverbindung.
Ein Grund statt auf t&t lieber auf Fahrinfo Plus zuzugreifen könnte die Bonitätsprüfung bei T&t sein und der Umstand sich immer an und abzumelden.
@Anonymous: auch bei FahrInfo Plus wird eine Bonitätsprüfung gemacht.
Das An und Abmelden, bzw nur das Abmelden bei T&T mag wie ein größerer Umstand wirken, hat aber den Vorteil, dass man sich nicht damit auseinandersetzen muss, wie weit denn die Kurzstrecke nun ausreichend ist oder nicht.
Ansonsten nimmt sich das Anmelden bei T&T und das Ticketkaufen bei FahrInfo Plus ja nichts, nur das Letzteres vor der Fahrt länger dauert.